Welt am Sonntag
Meine italienische Reise
Einfachheit. Ist uns abhandengekommen. Sogar unsere Reisen sollen immer weiter wegführen, effizienter werden. Die Anreise soll kurz, der Aufenthalt lang sein. Kreuzfahrtschiffe, Boxspringbetten, Hotelburgen. All-inclusive.
„Möchten Sie ein Mietwagen-Upgrade?“ Die größten Autos sind die beliebtesten. Wir wollen das Maximum. Gleiches gilt für den Innenraum der Fahrzeuge. Hunderte Schalter, Knöpfe, Hebel, das Auto blinkt, tönt und spricht – und ich verstehe es trotzdem nicht. Die Intuition und das Schöne sind verloren gegangen.
Autos, die ich mag, fuhren Alain Delon und Romy Schneider, einfache Formen und Linien. Manche Menschen, ich gehöre offensichtlich dazu, sehnen sich nach einer Wiederentdeckung des Einfachen und Langsamen. Aus dieser Sehnsucht und meiner Liebe zu einem Land im Süden, Italien, keimt nach und nach ein Samen, der zum Vorhaben werden soll.
Ein einfaches Auto, vier Reifen, ein Lenkrad, Bremsen, Lichter – mit einem alten Fiat 500, einem Cinquecento, möchte ich vom südlichsten Ende Italiens, aus Sizilien, nach Hause fahren, Meere links und rechts liegen lassen, Flüsse und Berge überqueren, eine Zeitreise nach Hause mit nicht einmal zwanzig PS.
Ich möchte nur auf Landstraßen fahren, Oliven- und Safranbauern, Ordensschwestern und Pastahersteller, Kuchenbäckerinnen und Pizzabäcker, Köchinnen und Mechaniker, Mütter und Großmütter, Mammas und Nonnas, kennenlernen. Mich mit einem einfachen Auto auf die Suche nach dem ursprünglichen Italien begeben, l’Italia di una volta.
Der erste Anruf führt nach Messina, alte Hafenstadt und Verbindung Siziliens zum Festland. Der Mann, der Stimme nach ein älterer, antwortet, er arbeite, man solle später anrufen. Mir war seine Anzeige aufgefallen, weil auf der Vorderscheibe seines weißen Cinquecentos eine Zahl klebte, die Neunzehn.
Der Wagen hatte offensichtlich an einer Oldtimer-Rallye teilgenommen, weshalb ich vermutete, er könne in einem guten Zustand sein. Ich mochte auch das Bild in der Anzeige – das Auto steht in einem Hinterhof, aus einem Fenster über ihm hängen Bettlaken zum Trocknen in der Sonne. Ich konnte Sizilien spüren.
Vom Cinquecento wurden zwar zwischen Ende der fünfziger und Mitte der Siebzigerjahre rund vier Millionen Exemplare hergestellt, knapp zwanzig Prozent davon sollen heute noch unterwegs sein. Ein Italienurlaub, ohne dass so ein alter Fiat an einem vorbeiknattert, ist nahezu undenkbar.
Allerdings habe ich mein Augenmerk auf ein besonderes Modell des Cinquecento gelegt, seine rare Kombiversion. Sie trägt den Beinamen Giardiniera, Gärtnerin. Nur rund eine halbe Million davon wurden fabriziert. Genutzt haben sie Handwerker, Winzer und Bauernfamilien, und das eher auf Feldern als auf Straßen.
Im Gegensatz zum regulären Cinquecento wurde die Giardiniera mit einem Kofferraum ausgestattet, es passten Schaufeln und Hacken, Weidekörbe voller Trauben genauso wie Hühnerkäfige hinein. Viele Bauern luden zudem das Dach voller Gerätschaften: ein Lastenauto; und wie das bis heute ist, ganz pfleglich wird nicht mit ihnen umgegangen, weshalb viele das Zeitliche segneten oder in einem erbärmlichen Zustand sind.
Domenico De Pasquale ist dabei, sein Garagentor aufzusperren. Ich fühle mich wie ein Theaterregisseur kurz vor der Premiere, bevor der Vorhang sich lüftet. Und dann, ja dann macht mein Herz einen Sprung. Augenblicklich sehe ich mich in dem von außen recht makellosen Cinquecento durch Italien fahren.
Domenico De Pasquale hat für solche Gefühlsduseleien wenig Zeit. Sein Stoffgeschäft in der Innenstadt hat er vorübergehend geschlossen. Das macht er nicht gern, möchte die Sache also schnell erledigen und lässt das Auto an. Der knatternde Sound des luftgekühlten Motors lässt mein Herz ein zweites Mal hüpfen, ein drittes Mal folgt, als Signor De Pasquale mir die Beifahrertür öffnet und sie den Blick auf die knallroten Sitze freigibt.
Ich steige in das Auto, wir sitzen tief, nahe am Boden. Ich komme mir vor wie der Beifahrer eines Rallyepiloten, der jede Unebenheit der Straße zu spüren bekommt. Signor De Pasquale fährt in geübten Schwüngen durch Messina, der Motor tuckert ruhig vor sich hin. Wir fahren Richtung Hafen. Signor De Pasquale hat das knapp zwei Meter lange Faltdach geöffnet, die Sonne Siziliens über uns, das Meer vor uns.
Trotz meines verklärten Blickes fallen mir ein paar Dinge auf. Das Lenkrad quietscht wie eine Schlosstür, und nach rund fünf Minuten Fahrt tropft Wasser auf Signor De Pasquales Lederschuhe. Nur eine undichte Leitung der Scheibenwischanlage, meint er beschwichtigend. An jeder Ampel muss er im Leerlauf ein wenig Gas geben, sonst geht der Motor aus. Die Dinge werden erledigt, sagt er.
Nachdem Signor De Pasquale zurück in seinen Innenhof gefahren ist, setze ich mich hinters Steuer. Ich bin ein sicherer Fahrer, aber das kleine Auto flößt mir Respekt ein; es unterscheidet sich sehr von den Fahrzeugen, die ich kenne. Es hat vier Gänge, gestartet wird der Motor mit einem Hebel unterhalb der Handbremse.
Die ersten Meter hüpft das Auto eher, als dass es fährt, die darauffolgenden zwei Kilometer brettere ich kantig wie ein Planierraupenfahrer durch Messina. Obwohl ich versuche, vorsichtig zu fahren, heult der Motor auf. Gentile, Marco, per favore!, schreit Signor De Pasquale immer wieder in meine Richtung. Gentile!
Ich fühle mich wie ein vierzehnjähriger Junge, der, den Vater an seiner Seite, seine ersten Meter in einem Auto unternimmt – und das ausgerechnet im Chaos einer sizilianischen Hafenstadt. Eigentlich wollte ich mir während der Fahrt Fragen stellen. Höre ich ein verdächtiges Geräusch? Hakt etwas?
Aber ich muss die Fragen hintanstellen. Das Auto prüft mich, und nicht ich das Auto. Vor allem das Schalten fällt mir schwer. Der Cinquecento hat ein nicht synchronisiertes Getriebe – das bedeutet, ich muss kurz vor und nach dem Schalten immer Gas geben, nur ein wenig.
In der Praxis ist das tückisch. Vor allem das Kurvenfahren, das in Messina meist volle Kreisverkehre bedeutet, stellt mich vor Probleme. Die Abfolge ist paradox: Ich muss bremsen und gleichzeitig Gas geben, dann runterschalten und nach dem Einfahren in den Kreisverkehr wieder kurz Gas geben und nach oben schalten.
Eigentlich bräuchte ich dafür einen dritten Fuß. Stress, auch weil ich es nicht gewohnt bin, dass ein strenger Blick auf mir lastet, die Augen Signor De Pasquales. Er ist nicht überzeugt von meinen Fahrkünsten. Attenzione, Marco!
Die Einwohner sitzen oft unter sich in den Cafés und Bars, wenn sie nicht gerade im Stau stehen. Messina ist eine authentische Stadt, schön wie verschlagen, Barock wie Brutalismus, Stein wie Stahlbeton. Ich finde Gefallen an der Stadt, mich beeindruckt ihre Widerstandsfähigkeit.
ch hoffe, das Auto, das ich heute in der Stoffhandlung von Signor De Pasquale erstehen möchte, hat etwas von ihrer Robustheit. Es soll Meere und Berge überqueren. „Es ist kein Auto, mit dem man Tag für Tag fährt“, sagt Signor De Pasquale. Das Fahrzeug sei wie eine hundertjährige Frau, eine Großmutter, una nonna. Man schätze ihre Gesellschaft, respektiere ihre Eigenheiten und behandle sie mit Achtung – und einmal in der Woche führe man sie aus.
Später sind wir im mit Menschen vollgestopften Büro des Automobile Club d’Italia, des italienischen Automobilclubs. Glasscheiben trennen die Büros voneinander ab, es gibt keinen Platz, an dem keine Blätter, Ordner oder Hefter übereinandergestapelt wären, die Angestellten arbeiten noch mit Schreibmaschinen, Telefonen und Taschenrechnern aus den Achtzigerjahren.
Signor De Pasquale möchte hier das Auto auf mich umschreiben lassen. Plötzlich gerät er mit dem Notar ins Diskutieren, ein dritter Mann wird hinzugezogen, der wiederum einen weiteren herbeiholt. Es wird lauter. Ich weiß nicht, was vor sich geht; doch nachdem ich drei Wörter aufgeschnappt habe, residenza, la Germania, un problema, ahne ich, dass es ein Problem damit gibt, dass ich keinen italienischen Wohnsitz habe.
Nachdem ich eine gute Viertelstunde darum gebangt habe, ob die Sache gelingt, löst eine Frau das Problem – mit nur einem Satz. Die Männer verstummen, und zwanzig Minuten später drückt sie einen Stempel auf eine Urkunde – der Fiat gehört mir.
Wir setzen uns wieder in De Pasquales Büro, wir unterschreiben die letzten Dokumente unseres deutsch-italienischen Handels. Der Cinquecento sei für ihn eine Zeitmaschine gewesen, una macchina del tempo. Meist hat er ihn sonntags, als die Kirchenglocken verstummten, aus der Garage gefahren, kleine Reisen zwischen Torre Faro und Taormina unternommen, ist zu einer Trattoria oder zur spiaggia, an den Strand, gefahren.
Auf diesen Sonntagstouren war er wieder achtzehn, der junge Mann, der zu seinem Geburtstag den hellgrünen Fiat Cinquecento seiner älteren Schwester geschenkt bekam. In den Radios spielten sie Songs über die Versprechen der Liebe. Dann fuhr er mit seinen Freunden zum Tanzen, zum Strand, zum Fußball, und ein paar Jahre später heiratete er.
Er kaufte mit seiner Frau ein zweites Auto, wieder einen Cinquecento, diesmal in Rot, sie reisten in die Abruzzen zum Skifahren, nach Kalabrien an den Strand, Urlaube, Wollmützen und Badetücher, die Kinder, l’amore.
Bricht es Ihnen das Herz, Ihre macchina del tempo zu verkaufen?“, frage ich. Naturalmente, antwortet er. Aber sonntags brächten seine Töchter nun immer die Enkel, das Auto stehe nur noch in der Garage. Mit dem jetzigen, seinem dritten Cinquecento, habe er seine Tochter zur Kirche gefahren, das mit Blumen geschmückte Hochzeitsauto – ricordi, all die Erinnerungen.
Signor De Pasquale kommt wieder in der Gegenwart an, schreibt auf ein Blatt Papier: FARE AL GIORNO 120 KM, DOPO 600 KM CONTROLLARE OLIO, ich solle nur hundertzwanzig Kilometer am Tag fahren und alle sechshundert Kilometer das Öl kontrollieren. Er sorgt sich um die hundertjährige Nonna. Ich verspreche ihm, auf sie aufzupassen.
Ich fahre die ersten Kilometer durch Messina, seine Vororte; das Meer hinter mir, die Wälder und die Ausläufer des Peloritanischen Gebirges vor mir. Der Motor tuckert ruhig vor sich hin, ich fahre an Tannen, Eichen und Ulmen, monumentalen Pinien, Palmen, an Zypressen und Orangenbäumen vorbei, bahne mir über die Kurven den Weg, ab und zu ein Dörfchen, über mir das Dach ist offen, der ewig blaue Himmel Italiens, es riecht mild-würzig-feucht, nach Wald, Sommer, Süden.
Nach der größten Steigung, ich fahre mit knapp fünfzig Kilometern pro Stunde, rolle ich im Leerlauf und genieße die Stille, den Fahrtwind, den Sound Siziliens. Nach kurzer Zeit sehe ich ein Stückchen Meer, das immer größer wird und vor dem ich wenig später stehe.
Da ich müde bin, gehe ich hinter einer Strandbar kurz baden. Das Wasser ist weich und salzig – ich lasse mich neben einem von den Gezeiten abgeschmirgelten rot-weißen Kahn nieder und von der Sonne trocknen, was mich noch schläfriger macht. Danach bestelle ich mir an der weißen Holzbar mit meinen müden Brocken Italienisch einen Espresso. Der junge Barista zeigt sich erstaunt, dass ich kein Italienisch spreche und aus einem uritalienischen Auto gestiegen kam.
San Gregorio ist eine Autostunde von Messina entfernt, mit einer hundertjährigen Nonna, nur auf Landstraßen reisend, sind es gut drei. Zum Dank für die Mühe, die keine ist, möchte ich gern ein Gespür für das Land bekommen, und nicht nur A und B und die leblose Strecke, die Autostrada, dazwischen.
Ich erreiche San Gregorio, ein ehemaliges Fischerdörfchen, durch Zufall hatte ich hier im Frühsommer bei meinem ersten Sizilienbesuch mein Quartier entdeckt, in der Casa di Aurelio, dem Haus von Aurelio. Ich hatte dort Halt gemacht, weil mich der Ort in seiner Einfachheit beeindruckte.
m Winter wohnen hier zwanzig Menschen, im Sommer ein paar Touristen mehr; ein kleines Halbrund, das man kaum Piazza nennen dürfte, am einen Ende ein Strandcafé und die neugierige Signora, bei der ich einen Espresso bestellte, am anderen Ende ein schüchterner Fischer.
Und dazwischen die Casa di Aurelio, das Haus eines fast achtzig Jahre alten Fotografen, der mit seiner Frau im ersten Stock lebt. Ich wohne unter dem Dach. Beuge ich mich vor, sehe ich die Bucht und als weißen Punkt mein Auto zwischen Meer und Piazza.
Wir sind ins Landesinnere aufgebrochen – wir, weil Daniel, mein Beifahrer für die nächsten Wochen, zugestiegen ist, ein Fotograf und Freund, mit dem ich zur Schule gegangen bin. Kurz nach der Bucht von San Gregorio begann das Land sich zu wandeln, wir fuhren nicht mehr an Stränden, sondern an grünen Feldern entlang, kein Ozean mehr unter uns, sondern Anhöhen und Hügel, sogar Berge über uns. Wir fuhren auf einer kleinen Landstraße, auf der nur ein Auto Platz hatte, was aber einerlei war, da uns nie ein Fahrzeug entgegenkam.
Wir kletterten Meter um Meter, erklommen Serpentinen und fuhren sie hinab. Seltsam war, dass es immer grün blieb, wir an hoch gelegenen Weiden, grasenden Schafen und Bauernhöfen vorbeifuhren, die vor Verlassenheit bröckelten. Die einzigen Menschen, die wir trafen, waren ein Bauernpaar, das auf einem Plateau zwischen Kalkfelsen und Wiesen nach Kräutern suchte. Über uns kreisten Raubvögel.
Nach drei Stunden tuckerten wir plötzlich auf ihn zu – den Ätna. Groß und gewaltig, schwarz konturiert, war er schon lange zu spüren gewesen, gesehen hatten wir ihn noch nicht. Er war nicht, wie wir hofften, mit Schnee bedeckt. Auch schlief er.
Nach ein paar letzten Kurven standen wir in Francavilla di Sicilia, einem hübschen Ort mit ebenso hübschem Namen, in dem abends junge Männer mit stolz durchgedrückten Rücken Sanfratellano-Pferde, Wildpferde, durch die Altstadt reiten.
Auf dem Weg zum Meer kurbele ich das Fenster runter. Nach nur einer knappen Stunde Fahrt erreichen wir Mazzarò, den Strand unterhalb Taorminas, des auf einem Felsen errichteten Ortes an der Ostküste Siziliens. Wir parken auf der Straße vor dem Strand und sind es bereits gewohnt, dass Touristen wie Einheimische vor unserem Auto haltmachen, es fotografieren und anhimmeln. Che bella! Che bella macchina!
Viele der Italiener und Italienerinnen erinnern sich an ihre Eltern oder einen Onkel, der früher auch eine Giardiniera fuhr. Für die Touristen ist es ein Stück Italia. Etwas, das ich kenne, seit ich mit der genauso alten Vespa meiner Mutter durch München fahre. Sitze ich darauf, bin ich dem Strand näher als meinen Sorgen.
Am Strand vor Taormina ist es den Menschen egal, wie sie aussehen. Dick, dünn, klein, groß, muskulös oder wabblig, alt oder jung. Wir beobachten das Dösen der Männer, das Balzspiel der Singles, die Kellner der Strandbars, die mit ihren Tabletts zwischen den Sonnenliegen und -schirmen hindurchtänzeln, das Auftragen des Sonnenöls, die engen weißen Badehosen der adoleszenten Italiener, die – beginnen sie mit ihren Gefährtinnen zu knutschen – immer enger werden, die kichernden, sich von solchen Szenen abwendenden Russinnen, die chinesischen Masseurinnen und schwarzen Sonnenbrillenverkäufer. Stranditalien.
Um fünf Uhr dreißig klingelt der Wecker, eine halbe Stunde später fahren wir auf die Fähre, das Deck ist prall gefüllt, wild gestikulierende Geschäftsfrauen, die am Telefon auf ihre Ehemänner einreden, ihre Kollegen, die sich ihre Krawatte mittels Handy binden, schläfrige Touristen, zeitungslesende Handwerker und Leichenbestatter, sie alle strömen als Erstes zur Bar.
Während ich auf das immer kleiner werdende Messina schaue, überqueren wir lo Stretto, die zwischen drei und acht Kilometer breite Meerenge von Messina. An Deck glaube ich zu spüren, wie der Mistral und der Schirokko sich kreuzen, studiere die Zugvögel, die über uns und diesem beinahe mystischen, gerade tiefblau und glutrot gefärbten Stück Erde dahingleiten.
Einem Stück Erde, für das mehrfach in der Geschichte ein babylonisches Projekt geplant war, von dem erst der Faschist Mussolini, dann der Sozialist Craxi und zuletzt der Populist Berlusconi träumte. Eine Brücke, die Sizilien mit dem Festland verbinden sollte, genau hier, wo die Fähre gerade ihre Spur ins Meer gräbt und wo nicht selten Wale und Delfine vorbeiziehen.
Nicht irgendeine, sondern die teuerste, höchste, breiteste und längste Brücke der Welt sollte entstehen: il ponte. Ich bin froh, dass alle Menschen, mit denen ich sprach, no al ponte sagten – und so sehe ich vom Deck der Fähre aus die sanften Hügel und Berge Kalabriens vor uns anwachsen und setze mich zurück ans Lenkrad meines kleinen Gegenentwurfs. Ein Auto, das zum ersten Mal seit über fünfzig Jahren die Insel verlässt.
Der Text ist ein Auszug der Welt am Sonntag aus dem Buch: „Meine italienische Reise oder wie ich mir in Sizilien einen uralten Cinquecento kaufte und einfach nach Hause fuhr“, Prestel, 240 Seiten, 26 Euro.
Der Autor Marco Maurer ist gelernter Molkereifachmann, er studierte Germanistik und Journalismus und ist freiberuflicher Journalist. Die Fotos in dem Buch und zu dieser Geschichte stammen von Pulitzer-Preisträger Daniel Etter. Das Buch ist eine Mischung aus Roadmovie und Liebeserklärung an Italien, garniert mit humorvollen Einblicken in das Innenleben des uritalienischsten Autos, das je gebaut wurde, und mit 25 Rezepten, die Maurer unterwegs in den Küchen seiner Gastgeber einsammelte.