Logo - Marco Maurer Journalist


Kringeltanz

Die kanadische Band Stars fasziniert im Feierwerk

Stellt man sich die Welt des Pop als eine Kugel vor, dann wäre die Musik der kanadischen Band Stars Teil dieser kleinen, schimmernden Stelle an der Oberfläche dieser Kugel. Die Stelle, an der sich das Licht spiegelt, sich bricht und die man deswegen immer mit einem weichen Tuch aufpolieren möchte, obgleich es eh bereits die glanzvollste Fläche auf diesem kleinen Rund ist. Doch eine Nachpolitur haben die Stars weder auf einem ihrer bisher sechs Alben, noch bei ihrem Konzert im Münchner Feierwerk am Dienstagabend nötig. Ihr Sound ist nämlich vor allem eines: bestechend klar – und damit ein perfekt justiertes und arrangiertes Gesamtkunstwerk.

Ein steter, sanfter, runder Bass, etwas schläfrige Keyboardklänge, ein Hang zur Produktionsästhetik der 80er Jahre und mit Torquil Campbell und Amy Millan zwei stimmlich harmonierende Gesangspartner, die das ewig alte (und häufig leider ausgereizte) Stilmittel des Duetts im Pop in den etwa zehn Jahren ihres Bandbestehens vorangetrieben und auf eine neue Ebene gehoben haben. Sie reizen nämlich alle Spielarten des Zwiegesangs aus; sie plaudern, sie streiten, sie versöhnen sich und sie erzählen sich ungemein szenisch geschriebene Geschichten. Doch zumeist ist es ein Gespräch zweier fiktiv Liebender. Das Triebwerk des Pop also, Liebe.

Damit liegt der Verdacht des Schwulsts nahe. Doch der stellt sich bei der Band nicht ein, den Kitsch-Moment gibt es nicht. Vielleicht sorgt dafür sogar der etwas queere Einschlag der Band – sie pflegt nämlich eine heftige Liaison mit Broken Social Scene. Sängerin Millan als auch Campbell sind nämlich Teil dieses anderen, kanadischen Kollektivs. In ihrer Rolle als Stars-Sängerin trägt Millan goldene Pumps und wirft blinkende Taschenlampen ins Publikum, Campbell ähnelt dagegen Thom Yorke auf Plüsch. Der 40-Jährige bewegt sich dabei mit der pubertären Naivität und Aufgedrehtheit eines 14-jährigen Bandgründers, hat aber die Souveränität des Alters auf seiner Seite.

Seit ihrem 2008er Album „In Our Bedroom After The War“ schwofen die Stars somit noch immer vergnügt auf ihrem Zenit, hofieren dabei ziemlich eindeutig Morrissey und The Smiths, während die Fans der Band aus Montreal dazu im Kringel tanzen. Und das ist in Ermangelung eines passenden deutschen Wortes dann vor allem eines: lovely. Marco Maurer