NEON
Auf ein Glas mit … Markus Frohnmaier, AfD
Markus Frohnmaier hustet, er hat sich an der Shisha, Geschmack Blueberry-Mint, verschluckt. Es wird ihm an diesem Stuttgarter Sommerabend, an dem 140 Euro, nun ja, versoffen werden, zweimal passieren. Frohnmaier, 25, Vorsitzender der Jungen Alternative, hustet nicht, weil einem AfDler der Umgang mit einer arabischen Wasserpfeife Probleme bereitet. Im Gegenteil, er ist Stammgast in dieser Shisha-Bar. Er hustet als Reaktion auf meine Fragen.
Wir hatten über die Ehe für alle gesprochen, Frohnmaier bestellte Cuba Libre und sagte: „Die Ehe ist eine durch die Verfassung geschützte Institution zwischen Mann und Frau. Nur sie trägt zum Staatserhalt bei.“ Dann zog er an der Shisha, und ich überlegte kurz, ob sich daraus eine dieser verrückten AfD-Parolen entwickeln ließe, vielleicht „Ficken für Deutschland“ . Dann stellte ich besagte Frage: „Haben Sie das Thema auch mit Ihrer Chefin, Alice Weidel, diskutiert?“ Weidel ist Bundesvorstandsmitglied der AfD und lesbisch. Frohnmaier ist ihr Sprecher und hustet. Mich überrascht das, denn diese Frage zu beantworten müsste zu seinem Standardrepertoire gehören. Röchelnd sagt er: „Wir haben noch nicht darüber diskutiert“ , zudem lehne er „den privaten Lebensentwurf“ seiner Chefin nicht ab.
Wer ist dieser Frohnmaier überhaupt? Und wo steht die junge AfD, die er vertritt? Frauke Petry nennt Frohnmaier „Kampfzwerg“, seine AfD-Kollegen tauften ihn „Frontmaier“. Er studiert Jura und hat gute Chancen, in den Bundestag einzuziehen, falls die AfD bald dort sitzt. Er wurde er in einem rumänischen Kinderheim geboren, dann von Deutschen adoptiert. Früher fand er Gregor Gysi von der Linken gut, mit 19 trat er in die CDU ein, wurde enttäuscht (Abschaffung der Wehrpflicht, Atomausstieg, Christian Wulffs Satz „Der Islam gehört zu Deutschland“). Inzwischen gilt er als Höcke-Vertrauter. Die AfD muss auf ihn gewirkt haben wie heute das erste Feierabendbier: süffig.
„Es gibt Verdachtsmomente, dass bei Markus Frohnmaiers Reise nach rechts am Ende die Bremsen versagten“ , schreibt „Der Spiegel“ . Da ist zum Beispiel die German Defence League, kurz GDL islamfeindlich, gewaltbereit, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Mir sagt er, er sei nur einmal bei einem GDL-Stammtisch gewesen. Blöd, dass er sich auf seine Brust einen Lorbeerkranz hat tätowieren lassen, ein GDL-Erkennungsmerkmal. Etwas viel Identifikation für einen einmaligen Besuch. Zudem belegen Recherchen, dass ein Mann namens Cornel Craiovesti Ansprechpartner der heute abgeschalteten GDL-Homepage war. In der rumänischen Region Craiova ist Frohnmaier geboren, seine biologischen Eltern gaben ihm den Namen Cornel. Als ich ihn damit konfrontiere, sagt er nur: „Es gibt Dinge der GDL, mit denen ich konform gehe. Ich möchte wie sie, dass dieses Land nicht arabisch-islamisch geprägt ist.“ Eine Distanzierung von Rechtsextremen ist das nicht.
Frohnmaier gibt den Rhythmus vor, bestellt eine Runde Whisky Sour. Die Bar liegt an der „Theo“ , der Theodor-Heuss-Straße in Stuttgart. Tiefergelegte Autos fahren vorbei, Reifen quietschen. Frauen mit Kopftuch sitzen auf der Terrasse und Blondinen mit gespritzten Lippen. Frohnmaier fühlt sich wohl. Aber er möchte nicht, dass seine Identität bekannt wird, „das würde den Abend verändern“. Fürchtet der Shisha-Liebhaber Hausverbot, weil er bei der AFD ist?
Oder fürchtet er, seine Vorliebe für die Bar beweise, dass der Islam eben schon zu unserem Land gehört? „Gut integrierte Muslime gehören dazu“, antwortet Frohnmaier. „Wer vor politischer Verfolgung flieht, kann in Deutschland Asyl beantragen unabhängig von seiner Religion. Uns geht es darum, dass das Asylrecht nicht zur illegalen Masseneinwanderung missbraucht wird.“ Manchmal wird er noch deutlicher: In einem Interview mit der neurechten Publikation „Blaue Narzisse“ sagte er: „Unsere Generation wird am meisten darunter leiden, dass Merkel dieses Land gerade mit dem Lumpenproletariat Afrikas und des Orients überschwemmt. “ Nach dem Anschlag auf den BVB-Bus twitterte er, sarkastisch gemeint: #RefugeesWelcome. Er fand, die Tat müsse man auch ohne Beweise Islamisten in die Schuhe schieben. Als ich ihn darauf anspreche, sagt er nur: „Dann lag ich halt in einem von zehn Zwischenfällen daneben.“
Anschläge nutzt er öfter für seine Argumentation: „Wenn ich früher Terrorismus sehen wollte, musste ich den Fernseher anschalten und sah, was in Kabul hochging. Heute reicht ein Blick nach Berlin, Würzburg oder München.“ Ich antworte: „Den Anschlag im Münchner Einkaufszentrum hat ein rechtsextremer Schüler begangen.“ „Das ist albern, hatte der Schütze nicht Migrationshintergrund?“ „Haben Sie den nicht auch?“, frage ich. Seine rumänischen Wurzeln interessieren in der AfD angeblich niemanden.
Im direkten Gespräch wirkt Frohn maier harmlos, hat sogar Witz: „Ich will nicht, dass Sie mit einem AfDler das Shisha-Mundstück teilen. Vielleicht ist Rechtspopulismus übertragbar. “ Einmal zitiert er Marteria. Der Vertreter einer Partei, die einen strengen Altherrengeruch verbreitet, gibt sich jugendlich. Wir stellen fest, dass wir einen ähnlichen Musikgeschmack haben, mögen beide die Pixies. In solchen Momenten vergesse ich kurz, dass ich einem Mann mit extremen Positionen gegenübersitze. Frohnmaier kommt mir jetzt vor wie ein Menschenfänger. Mit mir spricht er differenzierter als im Netz. Es wirkt, als würde er seine Haltung der Situation anpassen: Er hat nichts gegen seine lesbische Chefin, aber gestattet ihr nicht die gleichen Rechte, hetzt gegen Araber, raucht aber bei ihnen Shisha.
Ich schlage ein Trinkspiel vor, um unvorbereitete Aussagen zu bekommen. Die Regeln: Nicht überlegen, nur kurze Antworten, dazu wird getrunken. „Einen Caipi, bitte!“ , sagt Frohnmaier. Ich beginne:
Die Identitären sind coole Säcke, oder?
Martin Sellner, Europas prominentester Identitärer, ist ein intelligenter Mann. Falls ich in den Bundestag einziehe, werde ich durch Anfragen an die Bundesregierung kontrollieren, ob die Identitären in Deutschland zu Recht beobachtet werden.
Warum tragen Sie Marken wie Fred Perry, die von Rechtsextremen vereinnahmt werden?
Ich trage sie nicht.
Doch, im Netz sieht man das auf Fotos. Auch heute tragen Sie Ben Sherman. Ist das Wählerbindung?
Ich glaube, dass Wähler mehr auf Inhalte als auf Kleidung achten.
Einer ihrer Freunde hat Obama als „Quotenneger“ bezeichnet. Sagen Sie auch „Neger“?
Negerkuss sag ich und Zigeunerschnitzel.
Lieber der Blog „Politically Incorrect“ oder „Der Spiegel“?
Weder noch. „PI“ könnte sogar den Klimawandel auf den Islam zurückführen. „Der Spiegel“ ist linksextrem.
Lieber die German Defence League oder Die Grünen?
Das ist der Moment, als sich Frohnmaier zum zweiten Mal verschluckt. Ich hatte den Eindruck, dass er in Grünen-Politikern Volksverräter sieht. Deshalb amüsiert mich, dass er ähnlich spricht wie Cem Özdemir, beide kommen aus dem Stuttgarter Umland. Als Frohnmaier sich erholt hat, sagt er: „Die German Defence League. “ Er zieht eine rechtsextreme Gruppierung einer demokratischen Partei vor. Spätestens jetzt weiß ich, warum ich eigentlich nicht mit solchen Leuten trinke.