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„Bitte wenden!“ – Mein Feind, das Navigationsgerät

Auf der Fahrt ins Skigebiet muss ein Autofahrer plötzlich umkehren, die Straße ist im Winter gesperrt. Nach einem vielstündigen Umweg erfährt er: Die Irrfahrt hat System.

Man hätte nie gedacht, dass man der Bruder im Geiste von Kai Pflaume, dem Fernsehmoderator, sein könnte. Um zu dieser Erkenntnis zu gelangen, muss man schon mit dem Auto in Richtung des österreichischen Skiorts Lech-Zürs fahren. Genauer gesagt, man muss sich führen lassen – von einem Navigationssystem. Jener Apparatur, über die man schon des Öfteren mutmaßte, Darth Vaders kleiner Bruder führe Regie in ihrem inneren Kosmos.

Dabei macht einen schon der Beginn der Reise stutzig. Denn das System findet weder „Lech-Zürs“, noch “ Lech “ oder „Zürs“, es spürt allein „Zürs-Landstraße“ auf. Die errechnete Fahrtzeit ab München beträgt zwei Stunden und 47 Minuten für 223 Kilometer. Das klingt vernünftig. Man tippt auf „los“ – ein Fehler, wie sich rund vier Stunden später herausstellen wird.

Kurz nach dem Start bricht der Winter herein – der erste große Schneefall des Jahres. Mehr als drei Stunden, vier gestrandete Lastwagen und eine Tempo-40-Schleichfahrt später meldet das Navi: „Zum Ziel noch fünf Kilometer.“ So weit, so gut. Wenn aus dem Radio nicht ein böses Omen käme – der Arcade-Fire-Song „No Cars Go“, frei übersetzt: An diesen Ort wird kein Auto hinfahren. Und schon steht man vor dem Schild, welches das Ende der Fahrt anzeigt: Im Winter ist die Passstraße von Warth nach Lech gesperrt – Lawinengefahr.

Vor diesem Schild findet sich angeblich auch jedes Jahr Kai Pflaume ein, so wird man vom Fremdenverkehrsamt Lech-Zürs aufgeklärt. Der Moderator erbitte dann telefonisch Hilfe. Die Auskunft fällt für jedermann gleich ernüchternd aus: Fünf Kilometer von Lech-Zürs entfernt müssen fehlgeleitete Autofahrer umkehren und einen Umweg nehmen, der drei Stunden dauert. Durch das Lechtal zurück. Von Warth nach Reutte. Von Reutte nach Imst. Von Imst nach Lech. Unterwegs zählt man die liegengebliebenen Lkw am Tiroler Fernpass (zwölf!) und hört Schreckensmeldungen aus dem Radio („Winter-Wonderland auch auf den Straßen!“). Während der kleine Darth Vader im Navi befiehlt, man solle umkehren, man fahre falsch.

So dauert die Fahrt neun Stunden. Wäre man nur von München bis nach Bregenz und von dort über die E 60, die S 16 und durch den Arlbergtunnel gefahren! Dann würde man in Lech nicht als deutscher Trottel dastehen, der sein Hirn an ein Navigerät abgegeben hat. Allerdings stellt sich heraus, dass man nicht der einzige ist.

„Das ist ein Geschäftsfeld für die Hoteliers drüben in Warth“, sagt der Manager eines Fünf-Sterne-Hotels. „Dort warten sie im Winter allabendlich wie die hungrigen Wölfe auf Touristen wie Sie.“ Schon seit Jahren gebe es Versuche, die Hersteller von Navigationsgeräten dazu zu bringen, die im Winter gesperrte Straße in ihre Systeme einzuprogrammieren. „Bisher ohne Erfolg“, sagt der Direktor. „Aber das wissen Sie ja jetzt.“

Besser ist sowieso, man fährt von München aus mit der Bahn nach Sankt Anton und nimmt von dort den Postbus nach Lech. In einem solchen kann man sich zumindest weder Darth Vader noch Kai Pflaume vorstellen.